Interview mit Anahita Razmi

Olis Radioshow
December 12, 2010

Ausschnitt aus der 102. Radio-Sendung vom 3. Februar 2011: Beitrag "Interview mit Anahita Razmi". - Nachlesen unter www.OlisRadioshow.de. Anahita Razmi bekam ein Stipendium im Edith-Russ-Haus Oldenburg für eine spektakuläre Aktion: „Ich werde versuchen einen Peykan (Paykan), die im Iran gebräuchlichste Automarke, nach Europa zu importieren. Der Peykan, ursprünglich der britische Hillman Hunter, ist heute außerhalb Irans kaum mehr zu finden. 2009 wurde ein gebrauchter Peykan während einer Ebay-Auktion für die unglaubliche Summe von gut 40.000$ versteigert. Im Iran zahlt man für einen Peykan ungefähr 700$. Ich nehme den ikonischen Wert, den der Wagen erhält, sobald er die iranische Grenze überquert, zum Ausgangspunkt des Projekts: so etwas wie ein „iranisch-englischer Peykan" im Kontext der islamischen Republik Iran, als Anspielung auf Simon Starlings „polnisch-italienischen Fiat", bei dem auf ähnliche Weise mit Grenzverschiebungen und Ursprüngen umgegangen wird. Ein reizvoller Aspekt meiner Export-Reise ergibt sich aus weiteren kulturellen Bezügen. Ich werde ein Video/einen Film von der Reise drehen, in dem ich Sampling und Collage einsetze, um das tatsächliche „Abenteuer" mit dem Genre des amerikanischen Roadmovies zu kontrastieren und ebenso mit ambivalenten Bezugspunkten wie dem Film No Sex Last Night von Sophie Calle und Greg Shepard." (Razmi) Humor und Abenteuerlichkeit dieses Vorschlags stießen bei der Jury auf einhellige Begeisterung. Gestützt auf ein ausgeprägtes Kulturbewusstsein überschreitet Razmi in ihrer Darstellung eines Road Trips vom Iran bis nach Oldenburg geradezu buchstäblich Grenzen. Die aktuelle Reise verweist, wenn hier durch eine Mischung aus Humor, menschlicher Interaktion und eigentlichen Transaktionen die Arbeit (und das Auto) nach Europa und in das Edith-Ruß-Haus gebracht wird, auf die lange Tradition des Road Trips im amerikanischen Film. Das Projekt repräsentiert einen anspruchsvollen weiteren Schritt in der Entwicklung von Razmis bereits gewichtigem Schaffenswerk, das sich zahlreicher Strategien und Medien, einschließlich Performance und performativer Objekte, bedient.